Zelltherapie – Knie

Die Zelltherapie ist – ganz allgemein gesprochen – ein Verfahren, bei dem versucht wird, geschädigte Bereiche im Gewebe zu reparieren oder zu ersetzen, indem lebende Zellen an die geschädigte Stelle transplantiert werden und dort anwachsen. In Abgrenzung dazu gibt es auch Therapieansätze, bei denen keine Zellen, sondern ganze Zellverbände – also Gewebe – transplantiert werden, um die geschädigten Stellen aufzufüllen. Zelltherapien gibt es für viele verschiedene Organe, auch für das Blut. Insbesondere in der Onkologie hat die Zelltherapie enorme Fortschritte gemacht.

Am Kniegelenk kommen drei Arten der Knorpelzelltherapie bei immer mehr Patienten zum Einsatz. Im Prinzip zielen alle darauf ab, gesunde Knorpelzellen an die geschädigte Stelle zu bringen, sodass dort wieder neuer, möglichst hyalin-ähnlicher Knorpel geformt wird. Welche Verfahren der Zelltherapie gibt es also für das Kniegelenk?

Autologe Knorpel-Knochen-Transplantation (OCT/OATS)

Die autologe Knorpel-Knochen-Transplantation ist streng genommen keine Zell-, sondern eine Gewebetherapie. Sie kann minimalinvasiv oder mit einer Arthroskopie (Kniespiegelung) durchgeführt werden. Dabei wird der geschädigte Knorpelbereich inklusive des darunter liegenden Knochens sauber ausgestanzt, anschließend wird von einer anderen, weniger belasteten Stelle die gleiche Menge an gesundem Knorpel und Knochen entnommen. Dieses gesunde Knorpel-Knochen-Stück wird wie ein Pfropfen an die geschädigte Stelle gesetzt und wächst dort an. Da das Knorpel-Knochen-Stück körpereigenes Gewebe ist, kommt es praktisch nie zu Abstoßungsreaktionen. Der Vorteil dieses Verfahrens ist, dass es relativ unkompliziert ist und keine lange Reha notwendig macht. Das Gelenk ist vergleichsweise schnell wieder einsatzfähig. Allerdings kann dieses Verfahren nur angewendet werden, wenn die geschädigte Stelle klein ist (<1cm²), da die Menge an gesundem Material, die am Knie entnommen und in den Defektbereich „verpflanzt“ werden kann, naturgemäß limitiert ist.

Knorpelzell-Transplantation (M-ACT)

Auch die Knorpelzell-Transplantation kann meist minimalinvasiv oder mit einer Kniespiegelung (Arthroskopie) durchgeführt werden. Es sind zwei Eingriffe nötig. Beim ersten Eingriff wird eine Gewebeprobe entnommen – ein kleines Stück Knorpel – und außerdem patienteneigenes Blut. Anschließend werden aus dem entnommenen Knorpel die Knorpelzellen isoliert. Diese Knorpelzellen werden mittels eines speziellen Laborverfahrens dazu gebracht, sich über die nächsten 6 – 8 Wochen im Labor in dem entnommenen Blut zu vermehren. Nach ca. 1,5 – 2 Monaten werden die kultivierten Knorpelzellen in den zuvor entsprechend vorbereiteten Knorpeldefekt eingebracht und wachsen dort an. Nach und nach bildet sich allmählich neuer, hyalin-ähnlicher Knorpel, der fast genauso belastbar ist wie das ursprüngliche Gewebe. Für die Transplantation ist ein zweiter Eingriff nötig, der aber ebenfalls meist minimalinvasiv mit einer Arthroskopie durchgeführt werden kann.

Der Vorteil dieses Verfahren ist, dass auch großflächigere Schädigungen (bis 10 cm²) damit behandelt werden können. Zudem gibt es kaum Gefahr der Abstoßung, da die Zellen körpereigen sind und im eigenen Blut kultiviert werden. Es entsteht gut belastbarer, hyalin-ähnlicher Knorpel. Damit der Knorpel richtig aushärten kann und die volle Funktionsfähigkeit besitzt, braucht es eine relativ lange Rehabilitationszeit. Nach ca. 6 Wochen wird das Knie allmählich wieder mit Hilfe von Krücken an die Belastung gewöhnt. Nach ca. 3 Monaten können Alltagsaktivitäten in der Regel vollumfänglich wahrgenommen werden, Kontaktsportarten (Fußball, Handball etc.) sollten allerdings erst wieder ein Jahr nach Behandlung aufgenommen werden.

Mikrofrakturierung

Auch die Mikrofrakturierung zählt zu den Zelltherapien im weiteren Sinne. Hier werden allerdings keine reifen Knorpelzellen transplantiert, sondern durch Anbohren des Knochens knorpelbildendende Zellen aus dem Knochenmark rekrutiert. Diese bleiben im Defektbereich hängen und sollen durch das umgebende Gelenkmilieu dazu angeregt werden, sich zu Knorpelzellen zu entwickeln. Oftmals entstehen aber nicht ausschließlich Knorpelzellen, sondern auch Bindegewebe, es entsteht der sog. Faserknorpel. Dieser ist – ähnlich wie eine Narbe – qualitativ dem ursprünglichen Gewebe, also dem natürlichen hyalinen Knorpel, unterlegen.

Dieses Verfahren ist eher für Patienten mit kleineren Knorpeldefekten geeignet. Weiterentwicklungen dieser Technik sind die Nanofrakturierung mit kleineren Bohrungen sowie die matrixassoziierte Knochenmarkstimulation, bei der eine künstliche Matrix zum „Einfangen“ der knorpelbildenden Zellen in den Defekt gegeben wird. Die Matrix soll außerdem dabei unterstützen, dass mehr Vorläuferzellen zu Knorpelzellen heranreifen.

Für wen sind diese Verfahren geeignet?

Ob eine dieser Zell-Therapien für Sie geeignet ist, entscheidet Ihr Arzt. Sie sind für viele Menschen geeignet, die einen Knorpelschaden erlitten haben, der mit manuellen Therapien, Krankengymnastik und Medikamenten nicht mehr sinnvoll behandelt werden kann. Diese Patienten können ihre vorherige Beweglichkeit und die Belastbarkeit des Gelenks zu einem guten Teil meist wiedererlangen. Dies ist gerade für Menschen wichtig, die noch mitten im Leben stehen und beispielsweise wieder aktiv Sport treiben möchten.

Zudem können diese Therapien oft den Einsatz eines künstlichen Kniegelenks hinauszögern oder sogar ganz vermeiden helfen. Die Eingriffe sind minimalinvasiv, die Patienten müssen also keine große OP fürchten.

Fazit: Zelltherapie und Transplantation im Kniegelenk

Erkrankungen der Gelenkknorpel, meist in Form von Knorpelschäden, zählen zu den häufigsten Krankheiten, mit denen Patient*innen in orthopädische Praxen kommen. Meist sind Schmerzen der Grund, warum Orthopäden aufgesucht wird.

Bei Knorpeldefekt im Gelenk ist eine Zelltherapie eine sinnvolle Behandlung, wenn der Knorpelschaden so weit ausgedehnt ist, dass eine Behandlung mit manueller Therapie, orthopädischen Hilfsmitteln oder Medikamenten nicht mehr greift. Bei den Zelltherapien kommen beispielsweise die Knorpel-Knochen-Transplantation, die Knorpelzelltransplantation oder die Mikrofrakturierung in Frage.