Orthese – was ist das genau?

Orthese

Orthesen sind medizinische Hilfsmittel. Es handelt sich bei ihnen um äußerlich angelegte Geräte, die einzelne Gelenke unterstützen und entlasten bzw. ruhigstellen. Dafür halten sie das Gelenk in einer bestimmten Position oder nehmen auf die Strukturen einwirkende Kräfte auf. Die bekanntesten Formen von Orthesen sind Schienen und Stützbandagen. Diese sind immer auf das jeweilige Gelenk und eine bestimmte Erkrankung zugeschnitten.

Wann braucht man eine Orthese?

Orthesen sind vielfältige Hilfsmittel, die bei einer großen Zahl an Verletzungen und Krankheiten zum Einsatz kommen. Insgesamt gibt es folgende Gründe für die Verordnung eines solchen Hilfsmittels:

  • Fehlstellungen in den Gelenken vorbeugen, reduzieren oder korrigieren
  • Stabilisierung durch Ersatz oder Unterstützung der Muskulatur, zum Beispiel bei Lähmungen oder Muskelschwäche
  • Belastung auf ein Gelenk oder einzelne Strukturen vermindern
  • Bewegungsumfang eines Gelenks einschränken oder erweitern
  • Ruhigstellung einzelner Körperteile

Was ist eine Entlastungsorthese?

Der größte Teil der in Deutschland verschriebenen Orthesen sind sogenannte Entlastungsorthesen. Sie reduzieren die Belastung einzelner Gelenke durch durch Ruhigstellung. Das macht sie ideal zur Versorgung nach einer Verletzung oder Operation. Knieorthesen kommen zum Beispiel nach einem Kreuzband- oder Meniskusriss zum Einsatz.

Orthesen unterstützen den Heilungsprozess nach einer Verletzung auf mehrere Arten. Knochen, Muskeln, Bänder und Sehnen benötigen nach einem Schaden Zeit, sich zu regenerieren. Wirken währenddessen starke Kräfte auf die betroffenen Strukturen kann die Heilung gestört werden. Die Folge können chronische Schmerzen, eine erhöhte Anfälligkeit für eine erneute Verletzung, ein vorzeitiger Verschleiß des Gelenkknorpels oder die Entstehung einer Arthrose sein. Eine Orthese soll helfen, solche Folgeschäden zu vermeiden.

Die meisten Knieorthesen sind nicht starr, sondern lassen Bewegung in einem gewissen Umfang zu. Je nach Art der Orthese ist der Bewegungsumfang regulierbar. Sie stellen das Gelenk nur teilweise ruhig. Anders als bei einem Gipsverband arbeitet die umliegende Muskulatur trotzdem weiter. Muskeln, die der Körper bei vollkommener Inaktivität abbauen würde, bleiben erhalten. Das beschleunigt die Regeneration und Sie können das Gelenk schneller wieder belasten. Gleichzeitig sinkt das Risiko für eine erneute Verletzung direkt nach dem Ausheilen der ersten.

Welche Orthesen gibt es?

Orthesen werden je nach Einsatzort in vier Gruppen eingeteilt:

  • Orthesen für die unteren Extremitäten: Zehen, Fuß, Sprunggelenk, Knie
  • Orthesen für die oberen Extremitäten: Finger, Daumen, Handgelenk, Ellenbogen
  • Orthesen für den Rumpf: Schultern, Hals, Wirbelsäule, Hüfte
  • Orthesen für den Kopf

Orthesen für die Extremitäten gibt es in zwei Formen: Bandagen umschließen das gesamte Gelenk. Sie wirken komprimierend und verringern damit Schwellungen und Blutergüsse. Schienen haben Klettverschlüsse und Clips, mit denen Sie sie rund um das Gelenk befestigen. Wichtig ist in jedem Fall, dass die jeweilige Schiene gut zu Ihnen und Ihrem Körper passt. Ansonsten schränkt das Hilfsmittel Sie womöglich in Ihrer Beweglichkeit ein, ist unangenehm zu tragen oder kann sogar Verletzungen verursachen. Deswegen empfiehlt es sich, die Auswahl und den Sitz einer Orthese von einem erfahrenen Orthopädietechniker oder Othopädietechnikerin überprüfen zu lassen.

Welche Arten von Orthesen für das Knie gibt es?

Orthesen für das Knie unterscheiden sich in ihrer Beschaffenheit und Aufgabe. Je starrer die Materialien sind, aus denen das Hilfsmittel besteht, desto mehr wird der Bewegungsfreiraum eingeschränkt. Gleichzeitig ist aber die Stützkraft auch höher und wirkt dadurch stärker stabilisierend. Wie viel Unterstützung das Gelenk benötigt, hängt von der Verletzung oder Erkrankung ab. Zu den häufigsten Orthesen und Bandagen für das Knie gehören:

  • Kniebandagen: Knie-Bandagen sind elastisch und unterstützen das Gelenk bei kleineren Instabilitäten. Sie kommen häufig vorbeugend oder als Nachbehandlung einer Verletzung zum Einsatz. Mit speziell eingearbeiteten Polstern können sie bestimmte Strukturen gezielt entlasten oder massieren. Durch den Druck von außen und die entstehende Wärme können sie außerdem schmerzlindernd wirken.
  • Knieschienen: Knieschienen bestehen aus starrem Kunststoff oder Metall. Sie dienen vor allem dazu, das Kniegelenk ruhigzustellen oder in seiner Beweglichkeit einzuschränken. Sie entlasten Bänder, Muskeln oder Sehnen vollständig, damit diese nach einer Verletzung ungestört heilen können. Knieschienen kommen außerdem zur Korrektur von Fehlstellungen oder als Unterstützung bei Lähmungen und Muskelschwäche zum Einsatz.
  • Kombinierte Orthesen: Nicht selten kombinieren Hersteller Kniebandage und Knieschiene in einer Orthese. Dabei können Sie die entlastende Wirkung der Schiene oft stufenweise einstellen. Solche komplexen Knieorthesen verordnen Ärzte oder Ärztinnen zum Beispiel Patienten:innen mit Arthrose. Sie lindern durch die Entlastung die Beschwerden und unterstützen gleichzeitig den Muskelaufbau.
  • Sportorthesen: Sportorthesen entlasten und schützen das Kniegelenk präventiv. Sie nehmen auf das Gelenk wirkende Kräfte auf oder polstern es, um Verletzungen vorzubeugen. Meist handelt es sich bei ihnen um Kniebandagen, seltener um Knieorthesen

Was ist der Unterschied zwischen einer Orthese und einer Bandage?

Orthesen werden Ihnen in der Regel von einem Arzt oder einer Ärztin passend zur Diagnose verschrieben. Bandagen sind hingegen frei verkäuflich. Sie sind nicht auf eine bestimmte Erkrankung spezialisiert, sondern sollen das Gelenk im Allgemeinen unterstützen und stabilisieren. Schlechtsitzende Bandagen können aber auch Probleme wie Durchblutungsstörungen verursachen oder zu Fehlbelastungen führen.

Was kostet eine Orthese?

Die Kosten für eine vom Arzt oder Ärztin verschriebene Orthese übernimmt in der Regel die Krankenkasse. Die Preise der Hilfsmittel variieren je nach Fertigungsart etwa zwischen 20 und 1.000 Euro. Gesetzlich Versicherte tragen einen Eigenanteil von 10 % des Preises ihrer Orthese. Dieser darf allerdings zehn Euro nicht übersteigen. Damit sind auch teure maßangefertigte Produkte für chronische Erkrankungen keine Frage des Geldbeutels.

Industriell gefertigte Orthesen in Einheitsgröße sind am günstigsten. Sitzen sie nicht richtig, kann es zu Druckstellen und Schmerzen beim Tragen kommen. Sie werden daher verordnet, wenn die Tragedauer voraussichtlich eher kurz sein wird.

Individuell angepasste Orthesen werden ebenfalls industriell angefertigt. Anschließend passen Mitarbeitende im Sanitätshaus oder beim Orthopädietechniker das Hilfsmittel an Sie und Ihren Körper an. Dadurch sitzt die Orthese besser und kann ihr volles Potenzial entfalten. Sie können sie problemlos über lange Zeit tragen, ohne mit schädlichen Nebeneffekten rechnen zu müssen.

Maßangefertigte Orthesen sind Einzelstücke und daher sehr teuer. Zuerst erstellt ein Orthopädietechniker oder Sanitätstechnikerin einen Gipsabdruck des jeweiligen Körperteils. Anschließend fertigt er oder sie eine passgenaue Orthese an. Maßanfertigungen kommen fast ausschließlich bei chronischen Erkrankungen, die ein häufiges und langes Tragen der Orthese erforderlich machen, zum Einsatz, vor allem, wenn eine konfektionierte Orthese nicht passt (zum Bsp. bei Adipositas oder anderen anatomischen Besonderheiten wie z.B. Fehlbildungen).

Wie lange muss man eine Orthese tragen?

Die Tragedauer einer Orthese hängt von der Verletzung und den Belastungen im Alltag ab. Genaue Anweisungen, wie oft und lange Sie Ihre Orthese tragen müssen, bekommen Sie von Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin, der/die Ihnen das Hilfsmittel verschreibt. Achten Sie darauf, möglichst genaue Informationen zu erhalten. Lassen Sie sich beschreiben, in welchen Situationen und wie lange Sie die Orthese tragen bzw. wann Sie diese ablegen sollen. So stellen Sie sicher, dass Sie das Hilfsmittel richtig anwenden und so gut wie möglich von ihm profitieren.

Bei gängigen Verletzungen am Knie, zum Beispiel einem Kreuzbandriss oder einer Verletzung des Meniskus, tragen Patienten und Patientinnen für vier bis sechs Wochen eine Orthese. Die genaue Tragedauer hängt von der Art der Behandlung, dem Fortschritt der Heilung sowie der begleitenden Physiotherapie ab. Orthesen, die das Gelenk nach einer Verletzung ruhigstellen, sollten Sie auch nachts tragen. Sonst kann eine unbedachte Bewegung im Schlaf unvollständig verheilte Bänder und Sehnen wieder beschädigen. Zum Duschen oder bei der Körperpflege können Sie die Schiene ablegen.

Chronische Erkrankungen wie Arthrose im Knie machen das Tragen der Orthese auf unbestimmte Zeit nötig. Hier ist es wichtig, dass ein Arzt oder Ärztin regelmäßig den Verlauf der Krankheit kontrolliert. Verschlimmern sich die Beschwerden, ist das alte Modell unter Umständen nicht mehr ausreichend. Dann brauchen Sie ggf. eine neue Schiene mit mehr Stützkraft, die das Gelenk an den betroffenen Stellen noch effektiver entlastet. Auch Änderungen im Lebensstil oder beim Gewicht können wichtige Entwicklungen sein, die Sie und Ihr Arzt oder Ihre Ärztin bei der Auswahl der Orthese berücksichtigen sollten.

Autofahren mit Orthese?

Grundsätzlich gibt es kein Gesetz, das das Autofahren mit einer Orthese verbietet. Die Einschätzung, ob Sie mit einer Orthese und der damit verbundenen Einschränkung sicher fahren können, müssen Sie selbst treffen. Haben Sie Schmerzen oder schränkt die Schiene Ihre Beweglichkeit stark ein, sollten Sie das Auto lieber stehen lassen und öffentliche Verkehrsmittel nutzen.

Auch wenn das Tragen einer Orthese Sie nicht beim Autofahren behindert, können Versicherungen darin ein erhöhtes Unfallrisiko sehen. Bevor Sie sich mit einer Schiene oder Bandage ans Steuer setzen, sollten Sie deshalb nachfragen, ob das den Versicherungsschutz beeinflusst. Wenn Sie unsicher sind, können Sie außerdem Ihren Arzt oder Ihre Ärztin ansprechen. Dieser/Diese gibt Ihnen eine fundierte Einschätzung, ob Sie mit der vorliegenden Verletzung sicher fahren können oder nicht.

Wo bekommt man Orthesen?

Orthesen erhalten Sie mit dem entsprechenden Rezept in einem Sanitätshaus oder beim Orthopädietechniker. Wo genau Sie Ihre Schiene oder Bandage erwerben, dürfen Sie frei entscheiden. Weder der verschreibende Arzt oder die verschreibende Ärztin noch Ihre Krankenkasse haben das Recht, Ihnen ein bestimmtes Geschäft vorzugeben. Das Gleiche gilt für den Hersteller. Zwar kann Ihnen Ihr Arzt oder Ihre Ärztin ein Modell vorschlagen. Letztendlich gibt er/sie aber nur die Art der Orthese und deren nötige Funktionen vor. Welche Varianten Ihnen zur Auswahl stehen und welche davon die richtige für Sie ist, können Sie im Sanitätshaus oder bei Orthopädietechniker erfragen.

Weitere interessante Begriffe zu dem Thema:

Fuß, Springgelenk, Stabilisierung, Prothese, Körperteil, Bein, Gliedmaßen, Kompression