Chondromalazie

Chondromalazie

Bei der Chondromalazie handelt es sich um einen Knorpelschaden (medizinischer Fachausdruck: Chondropathie), der durch Überbelastung von Gelenken und Gelenkknorpel entsteht. Als Auslöser kommen sowohl intensive sportliche Aktivitäten, berufliche Belastung als auch traumatische Ereignisse in Frage.

Charakteristisch für die Chondromalazie ist eine Erweichung des Knorpelgewebes: Der Knorpel verliert durch eine Schädigung an Substanz, das Gewebe wird nach und nach aufgeraut und rissig. Das hat zur Folge, dass der Knorpel seine Schutzfunktion nicht mehr erfüllen kann und es im Verlauf der Erkrankung auch zu einer weiteren Schädigung der Gelenkflächen kommt.

Grundsätzlich kann die Chondromalazie an jedem Knorpelgewebe im Körper auftreten, am häufigsten sind aber stark beanspruchte Gelenke wie das Kniegelenk betroffen. Wird eine Chondromalazie nicht behandelt, kann sie zur Entstehung einer Arthrose beitragen.

Wie entsteht eine Chondromalazie?

Gelenke und Knorpel sind im Laufe unseres Lebens starken Belastungen ausgesetzt. Der Gelenkknorpel hat die Aufgabe, diese Belastungen abzufangen und für ein möglichst reibungsarmes Ineinandergreifen der Gelenkflächen zu sorgen. Seine Funktion lässt sich mit der Funktion eines Stoßdämpfers vergleichen. Die starke Beanspruchung hat aber auch ihren Preis – Übergewicht, abrupte Bewegungsabläufe, Knochenbrüche oder auch angeborene Gelenkfehlstellungen können dazu führen, dass das Knorpelgewebe der Belastung irgendwann nicht mehr standhält und geschädigt wird.

Je nach Ausprägung wird die Chondromalazie in vier Grade eingeteilt:

  • Grad I: Knorpeloberfläche noch weich
  • Grad II: Raue Oberflächenstruktur, Auffaserung, Knorpel erhalten
  • Grad III: Tiefe Knorpelbrüche
  • Grad IV: Knorpel zerstört, freiliegender Knochen

Zur exakten Beurteilung ist eine Untersuchung mittels Arthroskopie notwendig.

Aufbau und Funktion des Gelenkknorpels

Um die Ursachen und den Verlauf der Chondromalazie besser zu verstehen, hilft es, sich mit Aufbau und Funktion des Gelenkknorpels vertraut zu machen. Knorpelgewebe besteht zu einem hohen Anteil aus Wasser, spezialisierten Knorpelzellen und der extrazellulären Knorpelmatrix (EZM). Die darin enthaltenen Substanzen (hauptsächlich Elastin, Kollagene und Kohlenhydrat-Protein-Komplexe) sorgen für eine gute Elastizität sowie für eine hohe Druck- und Reißfestigkeit des Gewebes.

Damit der Knorpel seine Funktion erfüllen kann, muss er mit Nährstoffen versorgt werden. Knorpelgewebe besitzt allerdings kaum Blutgefäße. Die Ernährung des Knorpelgewebes erfolgt über die Gelenkflüssigkeit (Synovia), die auch für die Schmierung des Gelenks verantwortlich ist. Sie wird von der Gelenkschleimhaut (Synovialis) abgesondert. Damit die Nährstoffe vom Knorpelgewebe aufgenommen werden können, ist eine regelmäßige Be- und Entlastung des Knorpels notwendig. Regelmäßige Bewegung fördert somit die Knorpelgesundheit, Über- und Fehlbelastung kann dagegen die Knorpelsubstanz schädigen und so zu einer verminderten Nährstoffaufnahme führen. Auch natürliche Alterungsprozesse oder Entzündungen der Gelenkinnenhaut können den Knorpelabbau begünstigen.

Beschwerden bei Chondromalazie

Zu Beginn der Erkrankung verursacht eine Chondromalazie oft keine oder nur sehr geringe Beschwerden. Bei manchen Patienten/Patientinnen besteht ein leichtes Druckgefühl bei Belastung des betroffenen Gelenks. Erst wenn das Knorpelgewebe so weit geschädigt ist, dass der Knorpel seine Funktion nicht mehr erfüllen kann oder umliegende Strukturen betroffen sind, kommt es zu merkbaren Symptomen. Die Symptome entstehen auch, da durch die Knorpelschädigung freigewordene Enzyme die Gelenkschleimhaut angreifen und zu Entzündungen führen.

Charakteristisch für eine fortgeschrittene Chondromalazie sind etwa:

  • Krepitationen – darunter verstehen Mediziner/-innen ein knisterndes Geräusch, das durch das Aneinanderreiben von Knochen oder Knochenfragmenten (etwa bei einem Bruch) entsteht
  • belastungsabhängige Schmerzen im betroffenen Gelenk
  • Rötung und Schwellung des betroffenen Gelenks
  • Stabilitätsverlust
  • Einschränkung der Beweglichkeit

Besonders häufig kommt die Chondromalazie im Kniegelenk vor. Das erweichte Knorpelgewebe befindet sich auf der Rückfläche der Kniescheibe (Patella), weshalb die Erkrankung auch als „Chondromalazia patellae” oder „Peripatelläres Schmerzsyndrom” bezeichnet wird. Betroffene nehmen vor allem in Beugehaltung oder beim Bergabgehen dumpfe Schmerzen im Knie wahr. Häufigste Ursache ist eine Fehlbildung des Kniescheibengleitlagers mit Verschiebung der Kniescheibe nach außen oder traumatische Einwirkungen.

Von der Chondromalazie des Kniegelenks sind – im Gegensatz zu anderen degenerativen Erkrankungen des Gelenkknorpels – vorwiegend Patienten/Patientinnen im mittleren Lebensalter, aber auch sehr junge Patienten/Patientinnen betroffen.

Muss man immer operieren oder gibt es Alternativen?

Zur Behandlung der Chondromalazie stehen sowohl konservative als auch chirurgische Verfahren zur Verfügung. Welche Therapie im Einzelfall am sinnvollsten ist, entscheidet sich nach dem Beschwerdebild und nach individuellen Voraussetzungen wie Alter, Leidensdruck und Intensität sportlicher Betätigung.

Am Anfang steht immer die diagnostische Abklärung: Der/Die Arzt/Ärztin erhebt Ihre Krankheitsgeschichte und das aktuelle Beschwerdebild. Da eine Beurteilung anhand der klinischen Symptome manchmal nicht für eine sichere Diagnose ausreicht, kommen zusätzlich bildgebende Verfahren wie Röntgen, CT, MRT und Arthroskopie zum Einsatz.

Besteht noch keine starke Schädigung des Knorpels, erfolgt zunächst eine konservative Therapie. Im Vordergrund stehen die Schmerzlinderung und die Prävention weiterer Schäden im betroffenen Gelenk. Dazu eignen sich etwa Kälte- oder Wärmebehandlungen und eine geeignete Schmerzmedikation, zum Beispiel durch nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR). Im Frühstadium sollte das Gelenk geschont und nach Abklingen der Symptome eine gezielte Stärkung der Muskulatur im Knie angestrebt werden – vor allem des vierköpfigen Oberschenkelmuskels (M. quadriceps femoris), der die Stellung und Beweglichkeit der Kniescheibe bestimmt.

Besteht der Verdacht auf eine höhergradige Chondromalazie, ist die Untersuchungsmethode der Wahl die Arthroskopie. Sie ermöglicht einen zeitgleichen Eingriff an den geschädigten Strukturen des Gelenks. Mittels arthroskopischer Verfahren kann der/die behandelnde Arzt/Ärztin das Ausmaß des Knorpelschadens beurteilen und gegebenenfalls das aufgeraute Knorpelgewebe glätten. Unter Umständen sind weitere Eingriffe notwendig, um die Ursache und den Schaden zu beheben. Das kann zum Beispiel eine Korrektur der Kniescheibenlaufbahn sein und/ oder eine Knorpelzelltherapie.

Kann degenerierter Knorpel von allein heilen?

Knorpelgewebe ist nur in sehr geringem Ausmaß regenerationsfähig. Geschädigter Knorpel heilt deshalb nicht von selbst, sondern muss gezielt behandelt werden. Dazu stehen im Wesentlichen zwei Techniken zur Verfügung: die Abrasionsarthroplastik und die Mikrofrakturierung.

Mikrofrakturierung

Bei der Mikrofrakturierung wird durch den/die Arzt/Ärztin ein kleiner Knochendefekt gesetzt, der eine sogenannte „tissue response”, einen körpereigenen Reparaturmechanismus, auslöst. Durch kleine Anbohrungen des Knochens entsteht eine Verbindung zum Knochenmark, das aus der Wunde austretende Blut spült Stammzellen aus dem Knochenmark aus, die wiederum am Knochen anheften, sich ausdifferenzieren und neues Knorpelgewebe bilden.

Abrasionsarthroplastik

Bestehen größere Knorpelschäden mit bereits freiliegenden Knochenflächen, wird manchmal die Abrasionsarthroplastik durchgeführt. Sie funktioniert nach einem ähnlichen Prinzip wie die Mikrofrakturierung, nur werden hier die geschädigten Knorpelanteile vollständig entfernt und auch Teile des Knochens mit einem speziellen chirurgischen Instrument, einem „Shaver”, abgefräst. Der Heilungsprozess verläuft so wie bei der Mikrofrakturierung über das Einschwemmen von Stammzellen, die neues Knorpel- und Knochengewebe bilden.

Knorpeltransplantation bei Chondromalazie

Eine weitere Behandlungsoption bei stark fortgeschrittener Chondromalazie ist die Knorpeltransplantation. Sie kommt vor allem bei Knorpelschäden vierten Grades zum Einsatz. Auch hier stehen unterschiedliche Techniken zur Verfügung. Die beiden am häufigsten eingesetzten Verfahren sind die Osteochondrale Zylinder-Transplantation (OCT) und die Autologe Chondrozytentransplantation (ACT).

Osteochondrale Zylinder-Transplantation (OCT)

Dabei werden aus nicht stark belasteten Stellen des betroffenen Gelenks Knorpel-Knochenzylinder ausgeschnitten und an den geschädigten Stellen zur Defektabdeckung eingesetzt. Sie eignet sich nicht zur Behandlung großflächiger Knorpelschäden, da nur begrenzt körpereigenes Gewebe aus unbelasteten Stellen des Gelenks entnommen werden kann.

Autologe Chondrozytentransplantation (ACT)

Bei der Autologen Chondrozytentransplantation wird nicht bereits vorhandenes Knorpelgewebe transplantiert, sondern es werden zunächst gesunde Knorpelzellen aus einer wenig belasteten Stelle des Gelenks entnommen. Diese Zellen werden anschließend im Labor vermehrt und zu transplantationsfähigen Knorpelgewebe aufbereitet. Nach etwa drei bis acht Wochen erfolgt ein zweiter Eingriff, um das neu gewonnene Gewebe an der geschädigten Stelle zu fixieren. Es stehen dafür auch verschiedene neuere Techniken zur Verfügung, die auf matrixgestützten Verfahren basieren (Matrixgestützte autologe Chondrozyten-Transplantation, M-ACT).

Die Entscheidung für oder gegen eine operative Behandlung der Chondromalazie, für oder gegen ein bestimmtes Verfahren sollte immer in Abwägung der jeweiligen Vor- und Nachteile erfolgen, da die Heilungsphase nach einem chirurgischen Eingriff mehrere Wochen oder sogar Monate beträgt.