O-Beine: Informationen, Ursachen und Hilfe
Als O-Beine wird eine Fehlstellung der Beine bezeichnet, die bei Betroffenen verschiedene Beschwerden hervorrufen kann. Diese sind normalerweise abhängig vom Grad und der Art der Fehlstellung, den Folgen einer dadurch entstandenen Fehlbelastung, eventuellen Begleiterkrankungen und Ihrem individuellen Empfinden. Wenn Ihr Arzt/Ihre Ärztin bei Ihnen eine Fehlstellung der Beine feststellt und eine Therapie erforderlich ist, gilt es, Ihnen die für Sie am besten geeignete Behandlungsmethode zu ermöglichen.
Was sind O-Beine?
O-Beine, lateinisch „Genu varum“, ist die Bezeichnung für eine Fehlstellung der Beinachsen im Kniegelenk. Sie verursacht eine Abweichung des Außenwinkels zwischen Oberschenkelknochen und Schienbein (vom Kniegelenk gesehen). Dieser Winkel beträgt normalerweise ungefähr 174 Grad. Ist dieser Winkel verringert und beträgt 171 Grad oder weniger, dann spricht man von X-Beinen (Genu valgum). Übersteigt der Winkel 178 Grad, spricht man von O-Beinen (Genu varum).
Im Volksmund lautet die Bezeichnung für O-Beine etwa „Säbelbeine“ oder „Reiterbeine“. Auch „Fußballerbeine“ war ein beliebtes Synonym für die Fehlstellung in O-Form. O-Beine sollen bei Fußballspielern/Fußballspielerinnen verhältnismäßig oft auftreten. Man vermutet, dass dies an einer starken Ausbildung der inneren Beinmuskulatur liegt und die Krafteinwirkung auf die Kniegelenke während des Sports eher asymmetrisch erfolgt. Umstritten ist, ob Kinder, die in jungen Jahren Fußball spielen, tatsächlich im fortgeschrittenen Alter von O-Beinen betroffen sind.
Wissenschaftler/-innen vermuten, dass Wachstumsfugen im Knie die Fehlbildung begünstigen, solange sie noch aktiv und offen sind. Sie schließen sich bei weiblichen Jugendlichen üblicherweise im 14. oder 15. Lebensjahr, bei männlichen Jugendlichen erst im 16. Lebensjahr. Trainieren die Teenager bis zu diesem Zeitpunkt intensiv, können daraus Mikrotraumata entstehen, welche in einer Fehlstellung der Extremitäten in O-Form resultieren können.
Bis zum dritten Lebensjahr gelten O-Beine übrigens als eine völlig normale und altersgemäße Entwicklung. Erst in den nachfolgenden Jahren verändern sich die Beinachsen zunächst in eine leichte X-Form. Bis zum Erwachsenenalter erreichen die Beinachsen ihre Normalstellung und verbleiben bei einem Wert von ungefähr 174 Grad.
Neben Fehlbildungen, die aus der Wachstumsphase resultieren, können weitere Ursachen eine O-Bein-Fehlstellung auslösen. Möglich sind beispielsweise Operationen, Verletzungen oder Arthrose im Kniegelenk. Auch durch Arthritis ausgelöste Entzündungen im Kniegelenk, Gicht oder Rachitis können die Ursache für eine Fehlstellung der Beinachse sein.
Welche Beschwerden können durch O-Beine entstehen?
Es ist durchaus möglich, dass Betroffene trotz O-Beinen den Alltag beschwerdefrei bestreiten. Treten aber Beschwerden auf, dann ist Schmerz auf der Innenseite des Knies recht häufig. Der Schmerz ist eine Folge der Verlagerung der Beinachse, weswegen sich der Druck auf die Knie-Innenseite erhöht. Betroffene nehmen den Schmerz am Morgen verstärkt wahr. Tagsüber beschreiben sie die Schmerzintensität meist als geringer, klagen aber auch über Anlaufbeschwerden. Eine Zunahme des Schmerzes bemerken Betroffene meist, wenn sie die Gelenke belasten oder Zug beziehungsweise Druck darauf ausgeübt wird.
O-Beine können sich sogar auf ein Bein beschränken. Wenn nur ein Bein von der Fehlstellung betroffen ist, Können durch eine Fehlhaltung Rückenschmerzen auftreten. Weitere Symptome können am Ischiasnerv und Kopfschmerzen sein – letzteres jedoch seltener. Auch die Hüfte kann sich aufgrund der einseitigen Belastung verlagern und Schmerzen auslösen. Wenn die Fehlstellung auf eine Seite beschränkt ist, dann äußert sie sich manchmal durch Humpeln oder einen schief wirkenden Gang.
Zusätzlich zu den genannten Symptomen kann durch die Fehlbelastung der Gelenkverschleiß schneller voranschreiten. Dies kann wiederum das Auftreten von Arthrose begünstigen. Ist die Fehlstellung stark ausgeprägt, dann ist sogar eine Beeinträchtigung der Füße möglich. Als Folge können sich beispielsweise Knick-Senk-Füße entwickeln. Unter Umständen verringern sie mit der Zeit die Belastbarkeit der Sprunggelenke oder rufen Beschwerden am gesamten Fuß hervor.
Behandlung von O-Beinen
Wann O-Beine einer Behandlung bedürfen, hängt einerseits vom Alter der betroffenen Person und andererseits von den Symptomen ab, die Achsveränderungen dieser Art nach sich ziehen. Welche Therapie letztlich empfehlenswert ist, hängt auch von den Ergebnissen der vorgeschalteten Untersuchungen ab, beispielsweise der Auswertung von Röntgenbildern und einer genauen Vermessung der Beinachsen.
Grundsätzlich stehen Betroffenen mit O-Beinen konservative oder operative Therapien zur Verfügung. Die konservative Therapie umfasst physiotherapeutische Maßnahmen wie Übungen zum Kräftigen der Muskulatur oder spezielle Schuheinlagen. Durch eine Erhöhung am Außenrand der Sohle sollen die Einlagen das Gangbild auf sanfte Weise beeinflussen. Wie erfolgreich diese Maßnahmen sind, hängt von verschiedenen Faktoren wie der Intensität der Beschwerden ab. Besonders Krankengymnastik verspricht dann Erfolg, wenn Übungen zur Stärkung der Muskulatur regelmäßig und richtig durchgeführt werden. Bleibt dies aus, fällt auch der Erfolg der konservativen Therapie unter Umständen eher gering aus. Dasselbe gilt für das Tragen von Einlagen: Nur eine regelmäßige Anwendung verspricht Erfolge.
Bei der operativen Therapie stehen zwei Varianten im Vordergrund. Ist eine leichte Fehlstellung diagnostiziert? Dann kann es ausreichen, den Knorpel des betroffenen Kniegelenks während einer Kniespiegelung operativ zu glätten. Die Gelenkspiegelung, auch Arthroskopie genannt, ist eine minimalinvasive diagnostische Methode und zugleich Operationsmethode.
Ist die Fehlstellung bereits weit fortgeschritten, dann ist häufig eine sogenannte Umstellungsoperation erforderlich. So kann eine Gelenkschädigung wie Arthrose verhindert oder zumindest aufgehalten werden. Diese operative Korrektur der Beinachsen beseitigt die durch die Fehlstellung verursachte Belastung auf das Kniegelenk. Das ist aber nur dann erfolgversprechend, wenn der Knorpel auf der Außenseite des Gelenks intakt ist. Vor der Durchführung der Umstellungsoperation erfolgt eine Bestimmung der Gelenkwinkel und eine exakte Berechnung, wie die Beinachse nach der Operation verlaufen soll. Anhand dessen wird minimalinvasiv operiert. Die Knochen werden am Oberschenkel- oder Unterschenkelknochen fast vollständig durchtrennt und anschließend begradigt. Zum Abschluss fixiert eine Titanplatte den Knochen, damit sich die entstandenen Zwischenräume während des individuellen Heilungsprozesses mit Knochenmaterial auffüllen können.
Knorpelschäden bei O-Beinen
Bleibt die rechtzeitige Therapie von O-Beinen aus, können mit der Zeit Knorpelschäden und Arthrose entstehen. Wenn sich die Schäden am Gelenkknorpel als irreparabel herausstellen und die rechtzeitige Therapie fehlt, dann kann der Austausch des Kniegelenks durch ein künstliches Gelenk erforderlich sein. Bevor diese Option aber infrage kommt, lässt sich der Knorpelschaden möglicherweise durch eine Knorpelzelltransplantation behandeln. Dieses Verfahren lässt sich zuweilen auch dann noch anwenden, wenn der Schaden am Gelenkknorpel bereits fortgeschritten ist.
OP bzw. Knorpelzelltransplantation als Lösung?
Der Heilungsprozess einer Umstellungsoperation kann einige Wochen dauern. Der durch Einschnitte begradigte Knochen braucht seine Zeit, um das fehlende Knochenmaterial nach dem Eingriff wieder aufzufüllen. Zwar stützen im Normalfall Titanplatten die Knochen, dennoch ist das operierte Bein erst mit fortschreitendem Heilungsprozess vollständig belastbar. Eine Vollbelastung wird meist nach 6 Wochen angestrebt. Wann eine volle Belastung wieder möglich ist, hängt zum Beispiel auch von möglichen Begleiteingriffen wie einer Knorpelzelltransplantation ab. Durchschnittlich geht man von etwa zwölf Wochen aus. Dieser Prozess ist sehr individuell und kann durchaus einen größeren Zeitraum in Anspruch nehmen. Ob eine Knorpelzelltransplantation für Sie als Therapie infrage kommt, lässt sich durch eine sorgfältige Untersuchung und den Zustand des Gelenkknorpels diagnostizieren.
Grundsätzlich besteht eine Knorpelzelltransplantation aus zwei minimalinvasiven Eingriffen. Während der ersten Kniespiegelung entnimmt der Operierende Knorpelmaterial, welches nach dem Eingriff in einem Speziallabor weiterverarbeitet wird. Das Labor vermehrt durch spezielle Verfahren die Knorpelzellen und baut über einige Wochen das Transplantat auf. Sobald ausreichend Zellen vorhanden sind, erfolgen die zweite Kniespiegelung und die Transplantation der Knorpelzellen.
Der Verlauf des Genesungsprozesses nach einer erfolgreichen Knorpelzelltransplantation gegen O-Beine hängt von einigen individuellen Faktoren ab, unter anderem davon, welcher Bereich des Knies behandelt wurde. Eine 48-stündige Bettruhe nach der Operation in der Klinik ist meist obligatorisch, ebenso die Ruhigstellung des Gelenks für diesen Zeitraum. Danach erfolgen die leichte Mobilisierung und eine behutsame Steigerung der Belastung. Der Sinn dieser postoperativen Therapie ist eine gute Einheilung der transplantierten Knorpelzellen. Dennoch ist der Verlauf nach der Operation unterschiedlich, und es kann durchaus größere Abweichungen in der Nachbehandlung geben.