Die Knochenmarkstimulation (Mikrofrakturierung / Nanofrakturierung) gehört zu den am längsten angewandten Verfahren bei der Behandlung von Knorpeldefekten im Knie. Die gängigen Alternativen sind die Knorpel-Knochen-Transplantation sowie die Knorpelzelltransplantation. In diesem Beitrag lesen Sie, was die Knochenmarkstimulation auszeichnet und wie sie funktioniert. Wir gehen auf die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen dieser Therapieform ein und beantworten häufige Fragen zum Thema.
Unter den Begriff Knochenmarkstimulation fallen die Methoden Mikrofrakturierung und Nanofrakturierung. Die Methoden werden minimal-invasiv, zumeist in einem arthroskopischen Verfahren, durchgeführt. Bei der Mikrofrakturierung werden mit Hilfe spezieller Instrumente kleine Löcher in den Knochen direkt unter dem Knorpeldefekt gebohrt. Dies stimuliert das Knochenmark, Reparaturmechanismen auszulösen. Durch die Löcher im Knochen gelangen Blut und weitere Zellen in den Defekt, haften an und entwickeln sich zu einem Knorpelersatzgewebe. Dieses neue Knorpelersatzgewebe besteht zumeist aus Faserknorpel und ist eine Art „Vernarbung“. Das bedeutet: Der Körper produziert es, um die künstlich herbeigeführte Schädigung am Knochen zu beheben. Dieses Ersatzgewebe gleicht den ursprünglichen Knorpelschaden wie mit einem „Flicken“ aus.
Eine Weiterentwicklung der Mikrofrakturierung ist die Nanofrakturierung, bei der mit kleineren Bohrungen und einer definierten Tiefe der Bohrungen gearbeitet wird. Dem Prinzip und der Zielsetzung nach ist es jedoch identisch mit der Mikrofrakturierung, soll aber Brüche zwischen den einzelnen Löchern verhindern. Die reine Mikrofrakturierung beziehungsweise Nanofrakturierung werden zunehmend durch die matrixgekoppelte Knochenmarkstimulation abgelöst, bei der zusätzlich eine Membran künstlichen oder tierischen Ursprungs zur Unterstützung der Knorpelreparatur in die defekte Stelle gegeben wird. Mit der matrixgekoppelten Knochenmarkstimulation können gegenüber der herkömmlichen Mikrofrakturierung nachhaltigere Ergebnisse mit besserer Qualität des Knorpelersatzgewebes erzielt werden.
Eine Knochenmarkstimulation am Kniegelenk kann sinnvoll eingesetzt werden, wenn der Knorpeldefekt kleiner als 1,5 cm2 ist. Mit einer matrixgestützten Knochenmarkstimulation, bei der zusätzlich eine Membran zur Fixierung und Unterstützung der Knorpelreparatur in den Defekt gegeben wird, können auch Knorpelschäden mit einer Größe von bis zu 4,5 cm2 behandelt werden.
Der umliegende Knorpel muss dabei intakt sein. Wie bei anderen Verfahren auch, muss zusätzlich auf die Stabilität des Gelenks geachtet werden, sowie auf eine etwaige Fehlstellung in der Beinachse. Liegen solche Probleme zusätzlich zum eigentlichen Knorpelschaden im Kniegelenk vor, empfiehlt es sich diese Probleme mitzubehandeln. Letztlich ist die Entscheidung für oder gegen dieses oder ein anderes Verfahren von einer Reihe von Parametern abhängig, zu denen vor allem zählen: Art, Lage und Größe des Defekts am Knorpel, sonstige Schäden (z.B. instabiles Gelenk, Beinachsenfehlstellung), Alter, sonstige physische Konstitution sowie das angestrebte Ziel der Behandlung.
Nach der Operation in der Klinik muss das Bein während der Nachbehandlung auf jeden Fall für mindestens sechs Wochen entlastet werden, indem Unterarmstützen verwendet werden. Zur Mobilisierung kann eine Motorschiene verwendet werden, die etwa drei bis sechs Stunden pro Tag eingesetzt werden kann. Wie lange Sie arbeitsunfähig sind, hängt von Ihrem Beruf ab. In der Regel fallen Patienten nach der Operation mindestens zwei Wochen aus. Ideal ist, wenn der Patient sich mindestens sechs Wochen nach der Operation auf die Ausheilung des Gelenks konzentrieren kann.
Die Knochenmarkstimulation ist ein gängiges operatives Verfahren zur Behandlung von Knorpeldefekten. Es kann aber nur bei kleineren und mittleren Defekten angewendet werden. Zudem ist der sich zumeist bildende Faserknorpel langfristig weniger belastbar als das entstehende, hyalin-ähnliche Knorpelgewebe bei anderen Verfahren, etwa der Transplantation von Knorpelzellen (Knorpelzelltransplantation) oder Knorpel-Zylindern (Knorpel-Knochen-Transplantation). Der Faserknorpel nutzt sich im Gegensatz zu hyalinem Knorpelgewebe schneller ab. Soll das Knie hinterher wieder stark belastbar sein, sind die alternativen Behandlungsmethoden Knorpelzelltransplantation oder Knorpel-Knochen-Transplantation erfolgversprechender. Ein weiterer Nachteil der Methode ist, dass sich durch die Verletzung des Knochenuntergrundes im Knorpeldefekt sehr häufig knöchrige Vorsprünge oder Knochenzysten bilden, die dann die Behandlungsergebnisse negativ beeinflussen können. Nachgewiesen ist auch, dass bei Anwendungsversagen der Knochenmarkstimulation in Defekten > 1,5 cm² nachfolgende Behandlungen mit alternativen Knorpelregenerationsverfahren oft nicht das gewünschte Ergebnis erzielen können.
Dennoch kann eine Mikrofrakturierung dem Patienten eine deutliche Linderung der Schmerzen bringen. Ein weiterer Vorteil: Es ist nur ein Eingriff notwendig und nach dem Eingriff in der Klinik ist man nach einigen Wochen Therapie und Ruhe wieder einsatzfähig. Das vollständige Ausheilen nach einer Knorpelzelltransplantation beispielsweise dauert länger: Erst nach etwa einem Jahr ist das Knie wieder voll belastbar.
Es gibt alternative Behandlungen für Knorpeldefekte. Allerdings kommt nicht für jeden Knorpeldefekt jede Behandlung bzw. jedes Verfahren in Frage. Dies hängt von vielen verschiedenen patientenindividuellen Faktoren ab, wie beispielsweise Art, Lage und Größe des Defekts, Fehlstellungen wie X-Beine oder O-Beine, aber auch das Alter oder das angestrebte Ziel der Behandlung können eine Rolle spielen. Welche Maßnahmen schließlich in Frage kommen, hängt also ganz vom individuellen Krankheitsbild und Krankheitsverlauf ab.
Bewährte operative Alternativen zur Behandlung von Knorpelschäden im Knie sind die autologe Knorpel-Knochen-Transplantation sowie die Knorpelzelltransplantation. Bei der Knorpel-Knochen-Transplantation wird ein gesunder Knorpel-Knochen-Zylinder, der aus einem weniger belasteten Bereich des Kniegelenks entnommen wurde, an die geschädigte Stelle transplantiert. Bei der Knorpelzelltransplantation wiederum werden körpereigene Knorpelzellen entnommen, in einem Speziallabor unter Verwendung von Blutserum vermehrt und in einem zweiten Eingriff wieder in den Defekt eingesetzt, um neues Knorpelgewebe zu bilden. Minced Cartilage wird als eine weitere, vielversprechende Methode für die Behandlung von Knorpelschäden genannt. Hierbei wird Knorpel entnommen, zerkleinert und zur Bildung von neuem Knorpelgewebe direkt wieder in den vorhandenen Knorpeldefekt eingesetzt. Allerdings wird sie aufgrund der bislang fehlenden wissenschaftlichen Langzeitstudien noch nicht als empfohlene Methode zur Behandlung von Knorpeldefekten eingestuft, sondern als vielversprechende Potentialmethode (Stand 2025).
Neben diesen Operationen, die direkt auf die Wiederherstellung bzw. den Ersatz des Knorpels abzielen, können andere Operationen zum Schutz des Knorpelbestands sinnvoll sein – beispielsweise die Korrektur von Fehlstellungen wie X-Beinen oder O-Beinen. Solche Fehlstellungen können eine einseitige Abnutzung des Knorpels zur Folge haben. Die Operation zur Korrektur der Fehlstellung kann dann den Knorpelverschleiß stoppen.
Alle genannten Methoden kommen grundsätzlich dann zum Einsatz, wenn der Knorpeldefekt trotz konservativer Therapie Symptome hervorruft und noch keine generalisierte, das gesamte Kniegelenk betreffende Arthrose vorliegt. Kommen auch diese Operationen als Behandlung nicht in Frage, bleibt bei entsprechendem Leidensdruck und ständigen Alltagsbeschwerden als letzte Option der Einsatz eines künstlichen Kniegelenks.
Bevor in der Orthopädie zu operativen Verfahren gegriffen wird, wird man jedoch immer versuchen, die Arthrose bzw. den Knorpelschaden mit konservativen Methoden wie Physiotherapie und anderen manuellen Therapien, Gelenkentlastung durch Einlagen, Orthesen und Gelenkdistraktionsgeräten sowie Injektionen in das Kniegelenk oder Medikamenten in den Griff zu bekommen. Dazu sollte der Gelenkknorpel noch nicht allzu stark beschädigt sein. Einen Knorpelschaden rechtzeitig zu entdecken, ist allerdings nicht immer leicht, da ein Knorpeldefekt bei vielen Patienten lange Zeit keine nennenswerten beziehungsweise unspezifische Beschwerden verursacht. Ist der Knorpelschaden bereits zu weit fortgeschritten, ist ein operativer Eingriff meist nicht mehr zu umgehen.